Schatzstücke

Wie lief ein Tag im Damenstift?

Haben die Frauen und Mädchen eigentlich nur aus dem Fenster geschaut? - Nein, es wurde viel gelernt und gebetet.

Wie lief ein Tag in einer mittelalterlichen Frauengemeinschaft ab?

Im Gebet und im Gottesdienst findet die Kommunität ihre Identität und Legitimität.“ (Schilp, Norm und Wirklichkeit, S. 81)

 

In einem Stift, wie dem Damenstift Quedlinburg, wurde viel Wert auf die Stundengebete gelegt. Diese fanden an unterschiedlichen Altären statt und mit jeweils dem Tag angepassten Gesängen. Ein Gesangbuch datierend ins 11. Jahrhundert aus dem Quedlinburger Stift hat sich erhalten - das Quedlinburger Antiphonar. Aus ihm wissen wir, wann für wen gebetet wurde.

 

Der Tagesablauf geistlicher Einrichtungen ist durch die kanonischen Horen („Stunden“) bestimmt. Dabei handelt es sich um acht Horen:

  • Matutin                                  die Nachthore (um 2 Uhr nachts und ist die längste Hore)
  • Laudes                                    die feierliche Heiligung des Morgens
  • Prim                                        Gebetsweihe des Tages
  • Terz                                        die Stunde der Verurteilung Christi (zwischen 7 und 9 Uhr)
  • Sext                                        die Mittagshore (gegen 12 Uhr)
  • Non                                        die Stunde von Christi Tod (zwischen 15 und 17 Uhr)
  • Vesper                                    die Heiligung der Nacht (18 Uhr)
  • Komplet                                 der Schutz für die Nacht (21 Uhr)

Die Laudes und Vesper entstammen dem jüdischen Synagogengottesdienst ebenso wie die „kleinen“ Horen, welche jüdische Meditationszeiten, aber nach römischen Uhrzeiten benannt sind. Die Prim und Komplet sind hingegen neue Horen.

 

Zusätzlich zu den Gebeten wurde fleißig gelernt. Neben Lesen und Schreiben standen Mathematik, Latein, Diplomatie und Haushalts-(Budget-) Führung auf dem Plan. Die Mädchen im Stift wurden zum Regieren ausgebildet und in den sieben freien Künsten ( Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie) geschult. Zeugnis dessen ist das Vorhandensein und der Inhalt des Quedlinburger Knüpfteppichs aus dem 12. Jahrhundert, der unter anderem auf Tugend- und Naturlehre, sowie antike Bildung eingeht.

 

 

weitere Literatur:

Schilp, Thomas, Norm und Wirklichkeit religiöser Frauengemeinschaften im Frühmittelalter. Die Institutio sanctimonialium Aquisgrannensis des Jahres 816 und die Problematik der Verfassung von Frauenkommunitäten, Göttingen 1998 (Studien zur Germania Sacra 21)

Texte von Dr. Christoph Winterer (Kurator der Ausstellung „Der Klang der Frauen“ vom 1. Juni 2014 bis 24. August 2014 in der Stiftskirche St. Servatii zu Quedlinburg)

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