Die Schätze des Kirchenkreises sind vor allem die MitarbeiterInnen, die sich haupt- und ehrenamtlich einsetzen. Um sie etwas vorzustellen haben wir Interviews mit ihnen geführt. Hier stellt sich Herr Zentner vor. Er ist Pfarrer und kümmert sich um die Junge Gemeinde, Konfirmanden und die Krankenhausseelsorge.
Beschreiben Sie Ihr Amt und Ihre Aufgaben im Dienst der Kirche. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Ich arbeite als sogenannter Stellenteiler. Beide Teile sind mir lieb, beide haben etwas mit meiner Biografie zu tun. In der Kirchengemeinde Quedlinburg bin ich mit den Konfirmanden und der Jungen Gemeinde beschäftigt. Es ist mir eine Freude, wenn ich sehe, dass junge Leute auch heute noch Fragen nach echtem Leben haben – jenseits von Kommerz und Schnickschnack. Und Antworten finden im Gespräch über Gott und die Welt. Mich freut, wenn sie spüren, dass sie mit ihrer Lebenswelt in der Kirche vorkommen und mit ihren Fragen gesehen und ernst genommen werden. Für mich war das als junger Christ in der DDR ein echtes Lebenselixier und Motivation, selbst Pfarrer zu werden: um anderen ebenfalls einen Raum anzubieten, in dem sie selbst und ihr Glauben groß werden können.
Den größeren Teil meiner Stelle macht mein Dienst als Seelsorger in Krankenhaus und Altersheim aus. Schon seit der Wende bin ich an Seelsorge interessiert. Neben dem Theologiestudium wollte ich gern lernen, wie sich christlicher Glaube ganz praktisch zeigen kann und bin ehrenamtlicher Mitarbeiter der Halleschen Telefonseelsorge geworden, die gerade im Aufbau befindlich war. Dass manche/r die Seelsorge als Muttersprache der Kirche bezeichnet, freut mich, weil es meinen Erfahrungen entspricht: Hier können wir Menschen nahe sein, ihre Krisen und Freuden begleiten, zusammen die Kraft des Glaubens entdecken, die hilft, das Leben zu meistern.
Geben Sie uns bitte einen Einblick in einen typischen Arbeitstag. Was machen Sie da eigentlich?
Frei nach Herbert Grönemeyer bleibt alles anders - jeden Tag. Natürlich habe ich meinen Tagesplan mit Sitzungen, verabredeten Seelsorge-Terminen, Gottesdienstvorbereitung und Beerdigungsgespräch, mit Planungen für die nächste Jugendfreizeit, dem Einkauf für das Abendessen im Kreis der Jungen Gemeinde und der Andachtsvorbereitung für den Konfirmandensamstag. Aber oft ist mit einem Anruf alles anders: Eine Station ruft nach dem Krankenhausseelsorger, es klopft an der Tür und ein FSJler bittet um ein Gespräch. Eine Trauerfamilie möchte erneut besucht werden. Das Fahrrad hat einen Platten –wie komme ich jetzt pünktlich zu meinem Termin? Ein herrlich bunter Alltag – auch wenn’s mir manchmal ein bisschen zu bunt wird ;-)
Äußert sich Ihr Christsein in Ihrem privaten Alltag?
Wenn das Telefon nicht gleich klingelt beginne ich meinen Dienst im Krankenhaus gern mit den Losungen in den Ursprachen Hebräisch und Griechisch. Das gelingt so einigermaßen, hält meinen Kopf frisch und bringt Gottes Wort meinem Herzen nahe. So gerüstet geh ich los. Im Treppenhaus des Krankenhauses träller ich gern fromme Lieder. Das klingt dort gut und tröstet mich besonders nach schweren Seelsorgesituationen. Und es gibt es tolle App in meinem Handy: christliche Mediationsübungen. Die gibt’s wirklich! Seit vielen hundert Jahren! (Die App heißt übrigens „evermore“) – und stellt sich tapfer neben buddhistische Meditationen, Yoga oder pseudoreligiöse Selbstoptimierungsübungen. I like it!
Haben Sie einen Lieblingsort und eine Anekdote im Kirchenkreis?
Ja, einen Teil meiner Ausbildung zum Pfarrer habe ich im Kloster Drübeck absolviert und ich bin gottfroh, dass es diesen Ort immer noch für mich (und andere) gibt. Hier tanke ich auf (geistlich selbstverständlich – aber auch unterstützt durch die vorzügliche Küche). Ein zweiter Ort ist ein Felsen im Bodetal, den ich zusammen mit Kameraden der Bergwacht zu Übungszwecken erklimmen durfte (damals war ich noch als Notfallseelsorger unterwegs). Dieser Fels heißt „Kirche“ – auf seinem höchsten Teil steht ein Gipfelkreuz, an das ich mich damals voller Höhenangst klammerte. Für mich ist dies ein zugegeben dramatisches aber auch ausdrucksstarkes Bild für meinen Glauben, der mich zum Leben mit all seinen Herausforderungen ermutigt. Das will ich gern weitergeben…
Möchten Sie uns noch etwas Besonderes über Ihr Amt erzählen?
Vor allem für meine Tätigkeit im Krankenhaus möchte ich sagen, dass Gott mich in den ersten Monaten meines aufregend neuen Dienstes Situationen erleben ließ, die mir bis heute durch meinen beruflichen Alltag helfen. Ich traf auf einen Mann, der eine Nahtoderfahrung hatte und seither nicht gläubig ist, aber seine Angst vor dem Tod verloren hat. Eine Frau, die gar nichts mehr selbstständig tun konnte, sich aber dennoch über jeden Tag ihres Lebens freute. Patienten, die kraft ihres Glaubens Hoffnung hatten wider jeden Augenschein. Sie alle waren auch Trainingspartner für meinen eigenen Glauben, was mich sehr dankbar macht. Und dass ich als Geistlicher in einem kommunalen Krankenhaus arbeiten kann, ist mir Freude und Herausforderung zugleich. Die meisten meiner „Klienten“ haben gar nichts mehr mit Kirche zu tun…